Das Recycling von Kleidern steckt noch in den Kinderschuhen. Eine Demonstrationsanlage in Winterthur zeigt nun, wie es möglich wäre. Aber auch Fashion-Fans könnten ihren Teil zu einer nachhaltigen Mode beitragen, sagt Expertin Nina Bachmann.
Das Recycling von Kleidern steckt noch in den Kinderschuhen. Eine Demonstrationsanlage in Winterthur zeigt nun, wie es möglich wäre. Aber auch Fashion-Fans könnten ihren Teil zu einer nachhaltigen Mode beitragen, sagt Expertin Nina Bachmann.
In der Schweiz fallen täglich rund 100 Tonnen Altkleider an. Die Hälfte findet im Secondhandmarkt eine weitere Verwendung, die restlichen Stoffe werden zu Putzlappen, Reisswolle oder Dämmstoffen verarbeitet. Zuletzt gehen die Stoffe in der Kehrichtverbrennung in Rauch auf.
Besser wäre es, die Fasern vollständig zu recyceln, um sie wieder zu hochwertigen Stoffen verarbeiten zu können. Dies weiss auch die Textilbranche. So entsteht zum Beispiel in Winterthur eine Recyclinganlage zu Demonstrationszwecken. Sie soll zeigen, wie mit chemischen und maschinellen Prozessen Fasern von Stoffen aufgedröselt, verarbeitet, verpackt und für die weitere Verarbeitung aufbereitet werden.
Mit dabei ist der Branchenverband Swiss Textiles: Er vermittelt Unternehmen, die die neu gewonnenen Fasern zu Fäden verspinnen und Stoffe weben können. Textilrecycling ist jedoch mit vielen Herausforderungen verknüpft. Nina Bachmann, Nachhaltigkeitsexpertin des Verbands Swiss Textiles, verrät, welche Hürden zu nehmen sind und wo die Textilbranche bezüglich Recyclings und Kreislaufwirtschaft aktuell steht.
Was kann man sich unter einer Kreislaufwirtschaft bei Textilien vorstellen?
Nina Bachmann: Es geht darum, den Einsatz neuer Rohstoffe massiv zu reduzieren, insbesondere des Erdöls und der Baumwolle. Mit Schreddern und Recyclingprozessen sollen aus alten Garnen neue Fäden entstehen, mit denen hochwertige Stoffe produziert werden. Im Idealfall liesse sich der Prozess ewig weiterführen.
Im Idealfall. Wie sieht die Realität aus?
Wir haben es mit unzähligen Mitspielern zu tun – und dies international: den Produzenten, denjenigen, die die Stoffe einsammeln, den Konsumentinnen, den Recyclingunternehmen. Anders als bei einem Recycling wie beispielsweise von Nespressokapseln, sind neue Rohstoffe je nach Erdölpreis billiger als diejenigen aus Recyclingprozessen. Es braucht also ein Umdenken bei der Wertschöpfungskette.
Inwiefern?
Designer müssen zum Beispiel über die Konstruktion von Kleidern nachdenken, zum Beispiel beim Einsatz von Reissverschlüssen oder Knöpfen, sodass sich die Kleider einfach auftrennen lassen. Besonders der Einsatz von Mischgeweben, zum Beispiel durch die Beimischung von Elastan, erschwert das Recycling.
Welche Recyclingmethoden existieren?
Unterschiedliche, je nach Material: Polyester kann man einschmelzen. Daraus entsteht ein Granulat für Fäden. Bei Baumwolle kann die Cellulose chemisch herausgelöst und zu einer Pulpe verarbeitet werden. Daraus wird Lyocell – eine ökologische Art der Viskose – gesponnen. Baumwolle kann aber auch mechanisch gerissen und wieder verarbeitet werden. Dies funktioniert bisher jedoch nur für raue Produkte wie Taschen oder Teppiche. Für Bekleidungsstücke muss weiterhin neue Baumwolle beigemischt werden.
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Chemische Prozesse sind nur sinnvoll, wenn sie die Umwelt nicht belasten. Auch ist das Auftrennen von Mischgewebe kompliziert. Dafür existieren aber bereits Start-up-Lösungen. Altkleider müssen derzeit zudem in Handarbeit aufgetrennt werden. Alle Beteiligten haben deshalb mit wirtschaftlichen Aspekten zu kämpfen.
Existieren neuartige Materialien, die das Recycling vereinfachen?
Es entstehen tatsächlich viele neue Materialien – in diesem Bereich passiert sehr viel. Ein Start-up hat zum Beispiel ein Garn aus 100 Prozent Baumwolle entwickelt, das Elastan ersetzen könnte.
Die Rede ist auch von einer Recyclinggebühr. Wie würde diese aussehen?
Ein System für Recyclinggebühren für Textilien gibt es noch nicht, aber wir machen erste Überlegungen dazu. Es stellen sich Fragen bezüglich der Verteilung des Geldes und der Verteuerung der Produkte. Zudem müssten auch internationale Onlineshops eingebunden sein. Und Gebühren können natürlich nur erhoben werden, wenn Textilien dann auch wirklich recycelt werden.
Was können Konsumentinnen und Konsumenten beitragen?
Sie sollten sich über die Menge und die Qualität der geshoppten Kleider Gedanken machen. Teurere Kleider halten in der Regel länger. Auch kauft man oft weniger Stücke, weil man sich den Kauf eher überlegt. Sie können alte Kleider umnähen, weiterverwerten oder sie weitergeben. Während der Nutzung kann man die Kleider auch mal lüften, statt sie zu waschen und zu tumblern. Das verlängert die Lebensspanne und spart Energie und Wasser.
Weniger neue Rohstoffe zu nutzen, bedeutet auch, dass Entwicklungsländer, wo viele der Materialien herkommen, weniger verkaufen. Ist das sozial sinnvoll?
Die Reduktion der Menge wird Auswirkungen haben. Umgekehrt müssen aber die Preise für die Rohstoffe steigen, dann wäre ein tieferer Absatz nicht relevant. Soziale Aspekte müssen wir deshalb auch berücksichtigen – das gehört zu einem Kreislaufsystem dazu.
In der Schweiz fallen täglich rund 100 Tonnen Altkleider an. Die Hälfte findet im Secondhandmarkt eine weitere Verwendung, die restlichen Stoffe werden zu Putzlappen, Reisswolle oder Dämmstoffen verarbeitet. Zuletzt gehen die Stoffe in der Kehrichtverbrennung in Rauch auf.
Besser wäre es, die Fasern vollständig zu recyceln, um sie wieder zu hochwertigen Stoffen verarbeiten zu können. Dies weiss auch die Textilbranche. So entsteht zum Beispiel in Winterthur eine Recyclinganlage zu Demonstrationszwecken. Sie soll zeigen, wie mit chemischen und maschinellen Prozessen Fasern von Stoffen aufgedröselt, verarbeitet, verpackt und für die weitere Verarbeitung aufbereitet werden.
Mit dabei ist der Branchenverband Swiss Textiles: Er vermittelt Unternehmen, die die neu gewonnenen Fasern zu Fäden verspinnen und Stoffe weben können. Textilrecycling ist jedoch mit vielen Herausforderungen verknüpft. Nina Bachmann, Nachhaltigkeitsexpertin des Verbands Swiss Textiles, verrät, welche Hürden zu nehmen sind und wo die Textilbranche bezüglich Recyclings und Kreislaufwirtschaft aktuell steht.
Was kann man sich unter einer Kreislaufwirtschaft bei Textilien vorstellen?
Nina Bachmann: Es geht darum, den Einsatz neuer Rohstoffe massiv zu reduzieren, insbesondere des Erdöls und der Baumwolle. Mit Schreddern und Recyclingprozessen sollen aus alten Garnen neue Fäden entstehen, mit denen hochwertige Stoffe produziert werden. Im Idealfall liesse sich der Prozess ewig weiterführen.
Im Idealfall. Wie sieht die Realität aus?
Wir haben es mit unzähligen Mitspielern zu tun – und dies international: den Produzenten, denjenigen, die die Stoffe einsammeln, den Konsumentinnen, den Recyclingunternehmen. Anders als bei einem Recycling wie beispielsweise von Nespressokapseln, sind neue Rohstoffe je nach Erdölpreis billiger als diejenigen aus Recyclingprozessen. Es braucht also ein Umdenken bei der Wertschöpfungskette.
Inwiefern?
Designer müssen zum Beispiel über die Konstruktion von Kleidern nachdenken, zum Beispiel beim Einsatz von Reissverschlüssen oder Knöpfen, sodass sich die Kleider einfach auftrennen lassen. Besonders der Einsatz von Mischgeweben, zum Beispiel durch die Beimischung von Elastan, erschwert das Recycling.
Welche Recyclingmethoden existieren?
Unterschiedliche, je nach Material: Polyester kann man einschmelzen. Daraus entsteht ein Granulat für Fäden. Bei Baumwolle kann die Cellulose chemisch herausgelöst und zu einer Pulpe verarbeitet werden. Daraus wird Lyocell – eine ökologische Art der Viskose – gesponnen. Baumwolle kann aber auch mechanisch gerissen und wieder verarbeitet werden. Dies funktioniert bisher jedoch nur für raue Produkte wie Taschen oder Teppiche. Für Bekleidungsstücke muss weiterhin neue Baumwolle beigemischt werden.
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Chemische Prozesse sind nur sinnvoll, wenn sie die Umwelt nicht belasten. Auch ist das Auftrennen von Mischgewebe kompliziert. Dafür existieren aber bereits Start-up-Lösungen. Altkleider müssen derzeit zudem in Handarbeit aufgetrennt werden. Alle Beteiligten haben deshalb mit wirtschaftlichen Aspekten zu kämpfen.
Existieren neuartige Materialien, die das Recycling vereinfachen?
Es entstehen tatsächlich viele neue Materialien – in diesem Bereich passiert sehr viel. Ein Start-up hat zum Beispiel ein Garn aus 100 Prozent Baumwolle entwickelt, das Elastan ersetzen könnte.
Die Rede ist auch von einer Recyclinggebühr. Wie würde diese aussehen?
Ein System für Recyclinggebühren für Textilien gibt es noch nicht, aber wir machen erste Überlegungen dazu. Es stellen sich Fragen bezüglich der Verteilung des Geldes und der Verteuerung der Produkte. Zudem müssten auch internationale Onlineshops eingebunden sein. Und Gebühren können natürlich nur erhoben werden, wenn Textilien dann auch wirklich recycelt werden.
Was können Konsumentinnen und Konsumenten beitragen?
Sie sollten sich über die Menge und die Qualität der geshoppten Kleider Gedanken machen. Teurere Kleider halten in der Regel länger. Auch kauft man oft weniger Stücke, weil man sich den Kauf eher überlegt. Sie können alte Kleider umnähen, weiterverwerten oder sie weitergeben. Während der Nutzung kann man die Kleider auch mal lüften, statt sie zu waschen und zu tumblern. Das verlängert die Lebensspanne und spart Energie und Wasser.
Weniger neue Rohstoffe zu nutzen, bedeutet auch, dass Entwicklungsländer, wo viele der Materialien herkommen, weniger verkaufen. Ist das sozial sinnvoll?
Die Reduktion der Menge wird Auswirkungen haben. Umgekehrt müssen aber die Preise für die Rohstoffe steigen, dann wäre ein tieferer Absatz nicht relevant. Soziale Aspekte müssen wir deshalb auch berücksichtigen – das gehört zu einem Kreislaufsystem dazu.