Tillmann Lang, CEO der Schweizer Impact-Investmentfirma Inyova, ging mit einem Post über die sieben Greenwashing-Sünden von TerraChoice in den sozialen Medien viral. «Unternehmen stellen Behauptungen auf, die zwar sachlich richtig, aber irrelevant sind», beschreibt er eine dieser Sünden. «So werden Deo und Haarsprays als FCKW-frei beworben, obwohl FCKW seit vielen Jahren verboten ist.» Foto: Stephan Vogel
Tillmann Lang, CEO der Schweizer Impact-Investmentfirma Inyova, ging mit einem Post über die sieben Greenwashing-Sünden von TerraChoice in den sozialen Medien viral. «Unternehmen stellen Behauptungen auf, die zwar sachlich richtig, aber irrelevant sind», beschreibt er eine dieser Sünden. «So werden Deo und Haarsprays als FCKW-frei beworben, obwohl FCKW seit vielen Jahren verboten ist.» Foto: Stephan Vogel
So erkennst du Greenwashing
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Immer mehr Unternehmen werben damit, nachhaltig und grün zu sein. Doch oft handelt es sich dabei um Greenwashing: Unternehmen geben sich grüner, als sie sind. Experten erklären, wie du Greenwashing erkennst.
Immer mehr Unternehmen werben damit, nachhaltig und grün zu sein. Doch oft handelt es sich dabei um Greenwashing: Unternehmen geben sich grüner, als sie sind. Experten erklären, wie du Greenwashing erkennst.
Die Sorge um das Klima und die Umwelt bleibt hoch in der Bevölkerung. Immer mehr Menschen greifen deshalb zu Bioprodukten, pflanzlichem Fleischersatz und nachhaltig produzierten Kleidern. Doch der grüne Trend ruft auch Trittbrettfahrer auf den Plan: Sogenanntes Greenwashing boomt.
Wie erkennt man Greenwashing? Tillmann Lang, CEO der Schweizer Impact-Investmentfirma Inyova, ging mit einem Post über die sieben Greenwashing-Sünden von TerraChoice in den sozialen Medien viral. Die kanadische Umweltberatungsfirma hat 2007 Kriterien zusammengestellt, die auch Konsumenten und Konsumentinnen im Öko-Dschungel helfen können. Tillmann Lang erklärt:
- Die Sünde des versteckten Kompromisses
«Unternehmen heben etwas Gutes als nachhaltig hervor, lassen aber auf der anderen Seite die starken negativen Auswirkungen weg. Ein Beispiel ist ein T-Shirt von H&M, das aus nachhaltigen Materialien hergestellt wird, aber per Flugzeug aus Bangladesh kommt.» - Die Sünde der Beweislosigkeit
«Unternehmen behaupten, dass etwas nachhaltig ist, ohne dass es dafür glaubwürdige Beweise gibt. Oftmals steht auf der Verpackung ‹100 Prozent recycelter Kunststoff›, dies aber ohne eine Zertifizierung oder externe Überprüfung. Gerade die Getränkeindustrie verwendet gern eine entsprechende Werbung. Dabei verschlingt die Herstellung von Recyclingmaterial Energie, Chemikalien und Ressourcen. Viel ökologischer ist es, Wasser regional in bis zu 50-mal wiederbefüllbaren Mehrwegflaschen anzubieten. Ein anderes Beispiel dafür: klimaneutrales Tanken von Shell.» - Die Sünde der Vagheit
«Oftmals verwenden Unternehmen unklare Schlagworte oder Behauptungen, die so weit gefasst sind, dass sie wahrscheinlich missverstanden werden. ‹Beauty Sweeties Zuckerfreie Häschen aus Fruchtgummi› wirbt auf der Vorderseite der Verpackung mit ‹Natur pur›. Doch die Zutatenliste auf der Rückseite zeigt: Die Häschen sind voller Zusatzstoffe. Ein weiteres Beispiel ist der Begriff ‹klimaneutral›.» - Die Sünde der Verehrung falscher Etiketten
«Die Drogeriemarktkette DM ist bekannt für ihre nachhaltige Ausrichtung. Neben vielen bekannten Nachhaltigkeitssiegeln gibt es auch das DM-Nachhaltigkeits-Kleeblatt, das die umweltfreundlichen Aspekte des jeweiligen DM-Markenprodukts oder seiner Verpackung optisch erkennen lassen soll. Was genau dahintersteckt, bleibt ungewiss.» - Die Sünde der Irrelevanz
«Unternehmen stellen Behauptungen auf, die zwar sachlich richtig, aber irrelevant sind. So werden Deos und Haarsprays als FCKW-frei beworben, obwohl FCKW seit vielen Jahren verboten ist. Oder Wursthersteller schreiben auf ihre Verpackungen ‹glutenfrei›, obwohl auch vorher noch nie Gluten in der Wurst war.» - Die Sünde des geringeren Übels
«Dies geschieht, wenn Unternehmen Behauptungen aufstellen, die im Vergleich innerhalb ihrer Kategorie wahr sind, aber die Auswirkungen der Kategorie als Ganzes vernachlässigen. Aida zum Beispiel wirbt bereits mit Green Cruising. Tatsächlich hinterlässt laut deutschem Naturschutzbund (Nabu) eine Kreuzfahrt einen 36-mal grösseren ökologischen Fussabdruck als eine Urlaubsreise mit der Bahn und immer noch einen dreimal grösseren Fussabdruck als eine Flugreise.» - Die Sünde des Flunkerns
«Es gibt noch offenes Lügen. Einer der bekanntesten Fälle ist der Abgasskandal bei Volkswagen, bei dem die Abgaswerte bei Dieselmotoren wissentlich manipuliert wurden. Diese Episode ging als Dieselgate in die Geschichte ein.»
Weitere Praxistipps
«Die sieben Sünden des Greenwashings geben schon mal eine gute Übersicht darüber, welche Formen von Greenwashing es gibt», sagt Marleen Diener. «Damit man gewisse Punkte von diesen sieben Sünden inhaltlich überhaupt versteht, setzt es aber schon ein relativ fundiertes Wissen voraus.» Diener leitet das Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit der Kommunikationsagentur Wirz, die unter anderem mit der Migros zusammenarbeitet. Sie ergänzt die Sünden des Greenwashings mit drei Praxistipps für den Alltag.
- Transparenz
«Propagiert ein Unternehmen, nachhaltig zu sein, ohne die Möglichkeit zu bieten, vertiefende Einblicke zu erhalten, kann das auf Greenwashing hindeuten. Darum sollten beispielsweise Informationen zu Labels auf Verpackungen einfach und schnell (zum Beispiel auf der Webseite) auffindbar sein. Sind sie das nicht, kann möglicherweise eine bewusste Vertuschung zugrunde liegen.»
- Interaktion
«Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema. Konkretes Nachfragen lohnt sich. Mithilfe von FAQs oder niederschwelligen Kontaktmöglichkeiten können Unternehmen sicherstellen, dass möglichst wenige Fragen offenbleiben. Ein Unternehmen, das in dem Thema seriös aufgestellt ist, wird gern über die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen Auskunft geben. Blockt es auf Nachfrage ab, ist das möglicherweise ein schlechtes Zeichen.»
- Fakten
«Je konkreter ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsleistungen benennt, desto weniger Interpretationsspielraum bleibt offen. Klare Fakten und Zahlen sind deshalb immer ein gutes Zeichen. Beispielsweise ist der Begriff ‹eco-friendly› sehr schwammig, weil nicht klar wird, was genau umweltfreundlich sein soll. Wenn hingegen steht ‹Made from 100 % organic cotton›, ist klar, warum das Produkt nachhaltiger ist als ein anderes. Leere Worthülsen und Überbegriffe, die vieles bedeuten können, könnten womöglich ein Indiz für Greenwashing sein.»
Die Sorge um das Klima und die Umwelt bleibt hoch in der Bevölkerung. Immer mehr Menschen greifen deshalb zu Bioprodukten, pflanzlichem Fleischersatz und nachhaltig produzierten Kleidern. Doch der grüne Trend ruft auch Trittbrettfahrer auf den Plan: Sogenanntes Greenwashing boomt.
Wie erkennt man Greenwashing? Tillmann Lang, CEO der Schweizer Impact-Investmentfirma Inyova, ging mit einem Post über die sieben Greenwashing-Sünden von TerraChoice in den sozialen Medien viral. Die kanadische Umweltberatungsfirma hat 2007 Kriterien zusammengestellt, die auch Konsumenten und Konsumentinnen im Öko-Dschungel helfen können. Tillmann Lang erklärt:
- Die Sünde des versteckten Kompromisses
«Unternehmen heben etwas Gutes als nachhaltig hervor, lassen aber auf der anderen Seite die starken negativen Auswirkungen weg. Ein Beispiel ist ein T-Shirt von H&M, das aus nachhaltigen Materialien hergestellt wird, aber per Flugzeug aus Bangladesh kommt.» - Die Sünde der Beweislosigkeit
«Unternehmen behaupten, dass etwas nachhaltig ist, ohne dass es dafür glaubwürdige Beweise gibt. Oftmals steht auf der Verpackung ‹100 Prozent recycelter Kunststoff›, dies aber ohne eine Zertifizierung oder externe Überprüfung. Gerade die Getränkeindustrie verwendet gern eine entsprechende Werbung. Dabei verschlingt die Herstellung von Recyclingmaterial Energie, Chemikalien und Ressourcen. Viel ökologischer ist es, Wasser regional in bis zu 50-mal wiederbefüllbaren Mehrwegflaschen anzubieten. Ein anderes Beispiel dafür: klimaneutrales Tanken von Shell.» - Die Sünde der Vagheit
«Oftmals verwenden Unternehmen unklare Schlagworte oder Behauptungen, die so weit gefasst sind, dass sie wahrscheinlich missverstanden werden. ‹Beauty Sweeties Zuckerfreie Häschen aus Fruchtgummi› wirbt auf der Vorderseite der Verpackung mit ‹Natur pur›. Doch die Zutatenliste auf der Rückseite zeigt: Die Häschen sind voller Zusatzstoffe. Ein weiteres Beispiel ist der Begriff ‹klimaneutral›.» - Die Sünde der Verehrung falscher Etiketten
«Die Drogeriemarktkette DM ist bekannt für ihre nachhaltige Ausrichtung. Neben vielen bekannten Nachhaltigkeitssiegeln gibt es auch das DM-Nachhaltigkeits-Kleeblatt, das die umweltfreundlichen Aspekte des jeweiligen DM-Markenprodukts oder seiner Verpackung optisch erkennen lassen soll. Was genau dahintersteckt, bleibt ungewiss.» - Die Sünde der Irrelevanz
«Unternehmen stellen Behauptungen auf, die zwar sachlich richtig, aber irrelevant sind. So werden Deos und Haarsprays als FCKW-frei beworben, obwohl FCKW seit vielen Jahren verboten ist. Oder Wursthersteller schreiben auf ihre Verpackungen ‹glutenfrei›, obwohl auch vorher noch nie Gluten in der Wurst war.» - Die Sünde des geringeren Übels
«Dies geschieht, wenn Unternehmen Behauptungen aufstellen, die im Vergleich innerhalb ihrer Kategorie wahr sind, aber die Auswirkungen der Kategorie als Ganzes vernachlässigen. Aida zum Beispiel wirbt bereits mit Green Cruising. Tatsächlich hinterlässt laut deutschem Naturschutzbund (Nabu) eine Kreuzfahrt einen 36-mal grösseren ökologischen Fussabdruck als eine Urlaubsreise mit der Bahn und immer noch einen dreimal grösseren Fussabdruck als eine Flugreise.» - Die Sünde des Flunkerns
«Es gibt noch offenes Lügen. Einer der bekanntesten Fälle ist der Abgasskandal bei Volkswagen, bei dem die Abgaswerte bei Dieselmotoren wissentlich manipuliert wurden. Diese Episode ging als Dieselgate in die Geschichte ein.»
Weitere Praxistipps
«Die sieben Sünden des Greenwashings geben schon mal eine gute Übersicht darüber, welche Formen von Greenwashing es gibt», sagt Marleen Diener. «Damit man gewisse Punkte von diesen sieben Sünden inhaltlich überhaupt versteht, setzt es aber schon ein relativ fundiertes Wissen voraus.» Diener leitet das Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit der Kommunikationsagentur Wirz, die unter anderem mit der Migros zusammenarbeitet. Sie ergänzt die Sünden des Greenwashings mit drei Praxistipps für den Alltag.
- Transparenz
«Propagiert ein Unternehmen, nachhaltig zu sein, ohne die Möglichkeit zu bieten, vertiefende Einblicke zu erhalten, kann das auf Greenwashing hindeuten. Darum sollten beispielsweise Informationen zu Labels auf Verpackungen einfach und schnell (zum Beispiel auf der Webseite) auffindbar sein. Sind sie das nicht, kann möglicherweise eine bewusste Vertuschung zugrunde liegen.»
- Interaktion
«Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema. Konkretes Nachfragen lohnt sich. Mithilfe von FAQs oder niederschwelligen Kontaktmöglichkeiten können Unternehmen sicherstellen, dass möglichst wenige Fragen offenbleiben. Ein Unternehmen, das in dem Thema seriös aufgestellt ist, wird gern über die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen Auskunft geben. Blockt es auf Nachfrage ab, ist das möglicherweise ein schlechtes Zeichen.»
- Fakten
«Je konkreter ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsleistungen benennt, desto weniger Interpretationsspielraum bleibt offen. Klare Fakten und Zahlen sind deshalb immer ein gutes Zeichen. Beispielsweise ist der Begriff ‹eco-friendly› sehr schwammig, weil nicht klar wird, was genau umweltfreundlich sein soll. Wenn hingegen steht ‹Made from 100 % organic cotton›, ist klar, warum das Produkt nachhaltiger ist als ein anderes. Leere Worthülsen und Überbegriffe, die vieles bedeuten können, könnten womöglich ein Indiz für Greenwashing sein.»